Die CDU trauert um Wolfgang Böhmer
Die CDU Deutschlands trauert um Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, Ministerpräsident Sachsen-Anhalts von 2002-2011.
Der ehemalige Ministerpräsident Wolfgang Böhmer ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Mit ihm verliert die Union einen Christdemokraten, der sich um unser Land und unsere Partei verdient gemacht hat.
Geboren am 27. Januar 1936 im sächsischen Dürrhennersdorf, spielt die Politik in Wolfgang Böhmers Leben sehr lange keine Rolle. Er studiert Medizin, promoviert, tritt in der Frauenklinik in Görlitz seine erste Stelle an, macht eine Ausbildung zum Facharzt für Gynäkologie und wird Oberarzt. 1974 geht er schließlich als Chefarzt in die Lutherstadt Wittenberg, die fortan sein Zuhause ist.
Wolfgang Böhmer ist bereits 55 Jahre alt, als er sich überreden lässt, in die Politik einzusteigen und für den Landtag zu kandidieren. Einer der Überreder wird für zwei Jahrzehnte ein enger Weggefährte und ihm eines Tages sogar als Ministerpräsident nachfolgen. Sein Name: Reiner Haseloff, auch er ein Wittenberger, auch er ein Späteinsteiger in die aktive Politik, wenngleich CDU-Mitglied seit 1976.
Wolfgang Böhmer wundert sich selbst über die Anfrage; er ist aus Überzeugung parteilos geblieben. Andererseits ist da die Sache mit seinem Sohn, der zwei Jahre zuvor aus politischen Gründen exmatrikuliert wurde. Die Ost-CDU hat der Familie Böhmer damals geholfen, es waren dieselben Leute, die jetzt bei ihm anklopfen.
Wolfgang Böhmer ist der Meinung, „der Landtag sei so etwas wie die Bezirkskammer zu DDR-Zeiten, die tagte einmal im Vierteljahr nachmittags“. Er wird tatsächlich gewählt und stellt fest: „Das ist ganz anders und viel zeitaufwendiger.“ Medizin oder Politik, Kreißsaal oder Plenarsaal – eins geht nur. Wolfgang Böhmer hängt seinen Chefarztkittel an den Nagel – eine Entscheidung, die ihm schwerfällt. Aber wie sich zeigen wird, wenn auch nicht sofort: zweifellos die richtige. Wolfgang Böhmer selbst hat es auf seine ganz eigene Art kommentiert, mit Augenzwinkern und jenem feinen Humor, mit dem er Menschen für sich eingenommen hat: „Es hat mir nicht geschadet. Und ich hoffe auch, dass es dem Land nicht geschadet hat.“1
Aber erst einmal kommen die schweren neunziger Jahre in Sachsen-Anhalt. Arbeitslosigkeit und Abwanderung, politische Affären und Rücktritte, eine Wirtschaft, die nicht auf die Beine kommt, und Wahlerfolge der Rechtsextremisten. Wolfgang Böhmer ist zunächst Finanzminister, dann Arbeits- und Sozialminister – und landet 1994 mit seiner Partei schließlich für acht Jahre in der Opposition. 2002 ist er Spitzenkandidat, zieht noch mal den weißen Arztkittel an, ein Säugling liegt vor ihm, einmal lächeln, und fertig ist das Wahlplakat: „Wir werden das Kind schon schaukeln.“ In einem Alter, in dem andere gerade in Rente gegangen, übernimmt Wolfgang Böhmer ein Spitzenamt: Mit 66 Jahren fängt er als Ministerpräsident an.
Nun endlich geht es voran im „Land der Frühaufsteher“, wo die Menschen häufig zu ihrem Arbeitsplatz in andere Bundesländer pendeln. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Wirtschaft wächst, und der Ministerpräsident führt, gibt klare, knappe Anweisungen, macht sonst nicht viele Worte und gibt seinen Ministern Entfaltungsmöglichkeiten. Dass Sachsen-Anhalt heute als Aufsteigerland gilt, das sich mit den Besten messen will, ist auch das Verdienst von Wolfgang Böhmer, dem Geburtshelfer in der Magdeburger Staatskanzlei von 2002 bis 2011. Am Ende seiner Amtszeit ist er nicht mehr nur Ministerpräsident, er ist Landesvater im besten Sinne. Einer, zu dem die Menschen aufschauen und Vertrauen haben.
Wolfgang Böhmer war immer der etwas andere Ministerpräsident. Unpolitisch bis kautzig könnte man fast meinen. Er hat seine nüchterne Art zu einer Marke entwickelt, so wie es nur den wenigsten gelingt. Journalisten konnten sich immer darauf verlassen, dass von ihm kein Politikersprech kommt. Als ihn im Landtagswahlkampf 2006 ein junger Mann anspricht, den Wolfgang Böhmer als Arzt auf die Welt geholt hat, antwortet er nur: „Ich hätte Sie nicht wiedererkannt.“ Dazu sein gutmütiges und liebevolles Lächeln.
In einem der Texte zu seinem Abschied aus der Politik hieß es: „Sein Bundesland hat Böhmer geführt wie eine Klinik: pflichtbewusst und mit großem Einsatz. Dem kleinen Bundesland mit großen wirtschaftlichen Problemen hat er ein Gesicht und eine Perspektive gegeben. Auch darin konnte man den Arzt im Ministerpräsidenten erkennen: Sachsen-Anhalt sollte so gut wie möglich genesen und nicht dauerhaft zu sehr von der Hilfe anderer abhängig sein.“
Erschienen ist diese Würdigung, passenderweise, im Deutschen Ärzteblatt.
Unsere Gedanken und Gebete sind bei seiner Ehefrau Brigitte Klein, seiner Familie und seinen Angehörigen.
Die CDU Deutschlands wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.