CDU, EAK und das ‚C‘ auf dem evangelischen Kirchentag
Was bedeutet das ‚C‘ für christdemokratische Politik? Welche Rollen haben Kirchen, welche haben Parteien? Das waren wichtige Fragen bei der CDU-Präsenz zum evangelischen Kirchentag in Hannover. Höhepunkt: Die Verleihung der Hermann-Ehlers-Medaille an Altbundespräsident Joachim Gauck. Der fordert von der Union mutiges Handeln.
- Joachim Gauck: Wir brauchen Hoffnung, Nüchternheit und Mut.
- Carsten Linnemann: „Politik und Religion sind nicht immer spannungsfrei, aber immer spannend.“
- Philipp Amthor: Mit christlichen Werten das Miteinander stärken.
- Die Gesellschaft braucht Haltung und Handeln: mutig, stark, beherzt.
Der Evangelische Arbeitskreis (EAK) ist die sichtbare Brücke zwischen christdemokratischer Politik und den Kirchen. Diese Aufgabe übernahm er auch auf dem evangelischen Kirchentag in Hannover 2025. Auf der Delegiertenversammlung des EAK, dem Kirchentagsempfang und auf dem Messegelände wurde die unverzichtbare Bedeutung des ‚C‘ für CDU-Politik deutlich.
Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund forderte beim EAK eine aktive christliche Politik von der CDU: „Der Kirchentag will alle zwei Jahre eine Zeitansage machen, die Lage betrachten.“ Denn Demokratie unter Druck sei eine besondere Aufgabe. Nach Hannah Ahrend sei der Sinn von Politik, Freiheit zu bewahren: „Das heißt, auch den Mund aufzumachen, wenn es unbequem wird und rote Linie zu ziehen.“ Dazu brauche es auch „guten und gepflegten Streit, das Zusammentragen unterschiedlicher Meinungen. Mutig, stark, beherzt – das ist unsere Losung.“
EKD-Ratsvorsitzende, Bischöfin Kirsten Fehrs betont den Zusammenhalt im Glauben. „Im Glauben gehören wir zusammen, auch wenn wir unterschiedliche Meinungen vertreten.“ Sie forderte dazu „mehr Mut, mehr Kraft, mehr Herz“. Christliche Politik muss sich immer fragen, wie sie sich zu Gottes Geboten verhält. Sie dankte dem EAK für den Einsatz zum ‚C‘ im CDU-Grundsatzprogramm: „Gerade in diesen volatilen Zeiten brauchen wir einen festen Grund.“
Gauck: Wir brauchen Hoffnung, Nüchternheit und Mut.
„Wir danken einem Menschen, der mutig und demütig zugleich war – und ist.“ Thomas Rachel, Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises, ehrte Altbundepräsident Joachim Gauck am Rande des ev. Kirchentages in Hannover mit der Hermann-Ehlers-Medaille des EAK als eine „Persönlichkeit der Zeitgeschichte“. „Ein Glücksfall für unser Land“, wie ihn Wolfgang Schäuble genannt hatte. „Wir wollen dem menschenzugewandten und wortgewandten Theologen Dank sagen“, der auch als Staatsmann immer Theologe geblieben sei, so Rachel. Gauck habe stets das rechte Wort zur rechten Zeit gefunden und mutig nach außen vertreten. „Das ist gute Politik im Geiste Luthers.“
„Drei Hauptmotive für politisches Wirken sollen uns leiten: Hoffnung, Nüchternheit und Mut“, sagte Gauck in seinem Dank. Das gelte für die Menschen und das gilt für die Politik. Gauck ermutigte zu mehr Vertrauen in die Kirchen – auch seitens der Union. Aus einer Minderheit heraus war Stärke in der DDR entstanden, sagte er. Dort hatte die Kirche eine sehr starke Position eingenommen. Dadurch fühlten sich viele Menschen zur Kirche hingezogen. „Es gehen auch in einer Minderheitsposition von uns Kräfte aus, die wir nicht unterschätzen dürfen.“
Gauck mahnte hierbei vor allem einen ernsten und ehrlichen Umgang mit Sorgen und Nöten der Menschen an. Unsere Gesellschaft biete alle Freiheit dazu, die eigenen Ideen zu vertreten und für die eigenen Ziele einzutreten. Was es dafür braucht? „Mut“, sagte Gauck.
Es brauche den Mut, gegen Widerstände aufzustehen und durchzuhalten. Von der CDU und dem neuen Kanzler Merz erwarte Gauck „viel“, wie er sagte. Gleichzeitig mahnte er: „Zu einer Politik des ‚C‘ gehöre auch, die Gabe des Erkennens und Analysierens wichtig zu nehmen.“ Man werde als Partner wahrgenommen, wenn man sich im Stande zeige, eigene Werte auch robust zu vertreten. Das heiße aus christlicher Sicht: Das Böse muss man ernst nehmen. Und das heiße aus politischer Sicht: Ein Staat muss stark und wehrhaft sein. „Wer nur seiner Furcht folgt, endet in der Niederlage.“
Linnemann: „Politik und Religion. Das ist nicht immer spannungsfrei, aber immer spannend.“
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zitierte beim Kirchenempfang EAK-Chef Thomas Rachel zum Wert des „Christlichen” in und für die Union: „Das ‚C‘ ist die Klammer. Es sorgt dafür, dass das Liberale menschlich bleibt, dass das Soziale nicht sozialistisch wird und dass das Konservative nie in eine Blut- und Boden-Ideologie abgleitet. Das ist CDU pur.“ Das ‚C‘ gibt Halt und Orientierung, sagte Linnemann. „Unser Bezugspunkt ist das christliche Menschenbild.“
Linnemann verwies auf „Fliehkräfte in unserer Gesellschaft“. Die Gesellschaft sei „gereizter, polarisierter und Ich-bezogener“ geworden, sagte er. Das zeige sich im direkten Umgang, in Parlamenten und in den Medien – ganz besonders im Umgang auf social-Media-Plattformen wie X, Facebook, TikTok & Co. Der CDU-General mahnte angesichts dessen zu christlicher Besonnenheit: „Wir müssen die Gesellschaft wieder beruhigen.“ Die Politik müsse Halt und Richtung geben. Der Auftrag: „Wir versuchen für die Menschen Politik zu machen.“
Politik komme aber auch an ihre Grenzen, stellte Linnemann fest. „Wir können noch so viele Programme auflegen. Wir können noch so viel Geld verteilen. Wenn die innere Haltung oder die Werte nicht stimmen, drohen alle politischen Anstrengungen zu verpuffen.“ Politik kann und muss die Grundwerte verteidigen, die unser Zusammenleben bestimmen. Es brauche aber die richtige Haltung, um gute Ergebnisse und ein gutes Miteinander zu finden. „Das kann man nicht in Gesetze fassen.“
Amthor: Mit christlichen Werten das Miteinander stärken
Auch Philipp Amthor bekräftigte auf dem ev. Kirchentag die Bedeutung des ‚C‘ für christdemokratische Politik. Das ‚C‘ stehe für Zusammenführen, für das Miteinander. Am Stand von CDU und EAK bekräftigte er auch die notwendige Abgrenzung zur AfD. „Wir dürfen mit Blick auf das Erstarken der politischen Ränder nicht in Schockstarre verfallen“, forderte Amthor. Die demokratische Politik der Mitte müsse vielmehr zeigen, „was uns ausmacht“. Amthor forderte dazu auch „Selbstbewusstsein und nicht Verzagtheit im Umgang mit den politischen Rändern“.
Amthor antwortete auch auf Fragen der Zuhörer am EAK-Stand: „Wir müssen unsere eigenen Überzeugungen der richtigen Politik durchsetzen. Verbotsfahren ersetzen nicht die nötigen politischen Auseinandersetzungen.“ Amthor bekräftigte auch: „Die kirchliche Botschaft ist politisch. Doch die Meinungsfreiheit gilt für beide Seiten.“ Kirchen dürfen sich politisch äußern, sollten aber die Vielfalt ihrer Gläubigen dabei immer im Blick behalten. Die Kirchen müssen annehmen, dass auch gegen ihre Forderungen argumentiert wird.
Dazu warnt Amthor vor einem gleichsam selektiven Glauben, „von Politikern, die nur dann vom Glauben reden, wenn es ihnen passt“. Man könne nicht einerseits bei Migration den Glauben ins Spiel bringen und andererseits beim Lebensschutz davon Abstand nehmen. „Das ‚C‘ ist nicht tagespolitisches Instrument, sondern Basis unserer Politik“, bekräftigte Amthor beim EAK. „Die Würde des Menschen und das christliche Menschenbild sind für uns unumstößlich.“ Immer!
Die Gesellschaft braucht Haltung und Handeln: mutig, stark, beherzt
Was braucht es, um den Frieden dauerhaft zu sichern? Hilft Aufrüstung – oder schadet sie sogar. Auf dem Kirchentag diskutierten dazu der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter und der Militärhistoriker Professor Sönke Neitzel am Stand von CDU und EAK.
„Wir müssen uns Haltung leisten: mutig, stark und beherzt.“ Das forderte Roderich Kiesewetter. Angesichts der Bedrohungen durch Russland erwarteten die Menschen ein starkes Deutschland als starke Stütze in einem Europa „von Frieden und Freiheit und Selbstbestimmung“.
Fakt ist: Die längste Friedensepoche in Deutschland ist in Gefahr. Sönke Neitzel hält schnelle Aufrüstung für sinnvoll. Denn Reformen dauern. „Auch die Bundeswehr hat immer 20 Jahre gebraucht, um einen neuen Standard zu erreichen.“ Neitzel sieht das als notwendigen Zeitrahmen. An die Politik gerichtet mahnte er deshalb konsequentes Handeln an: „Jeden Reformschritt, den wir jetzt nicht gehen, werden wir im Ernstfall mit dem Blut unserer Soldaten erkaufen. Ich sage den Politikern: Ihr tragt die Verantwortung.“
Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter warnte vor allem auch vor der revisionistischen Politik Putins, der Grenzen und Unabhängigkeiten nicht akzeptiert. „Deshalb müssen wir uns auf zwei Jahre einstellen, um wieder kriegstüchtig zu sein. Wir sollten ruhig sein, aber aufrichtig und wehrhaft.“ Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus gehe nur mit „nie wieder wehrlos – heißt: wenn wir verteidigungsbereit sind“.
Frieden beinhaltet immer auch Gerechtigkeit und die Würde des Menschen, stellte Kiesewetter fest. „Frieden ist immer konkret.“ Jesus hat sich für die Menschen geopfert. „Das heißt aber nicht, dass wir uns selbst zum Opfer machen sollen.“ Vielmehr gelte: „Frieden, Freiheit und Demokratie beruht auf Engagement.“ Er äußerte aber auch seine Vision, dass Russland wieder integrativer Teil Europas wird. „Und dafür lohnt es sich zu arbeiten“, so Kiesewetter.