Politik muss Wege in eine gute Zukunft aufzeigen. Sie muss Zuversicht vermitteln. Mit dem neuen Grundsatzprogramm tut die CDU genau das: Sie bietet ein Leitbild für eine Gesellschaft, die gemeinsam in eine bessere Zukunft geht. Doch ein neues Programm erfordert harte Arbeit. Es benötigt viele Mitstreiter. Und es braucht eine klare Linie.

Berlin ist der Abschluss der sechs CDU-Konferenzen zum neuen Programm. Sechs Mal wurde es diskutiert. Sechs Mal wurden die Stärken der CDU deutlich: Gute Politik ist eine pragmatische Politik, eine Politik für die Menschen. Sie richtet sich aus an den Wünschen junger Familien. Sie berücksichtigt die Bedürfnisse der Älteren. Sie hilft den Bedürftigen. Sie fördert Leistung. Sie unterstützt die Wirtschaft, gibt Unternehmen Freiraum und sorgt für den Schutz von Klima und Umwelt.

Aber auch pragmatische Politik braucht Grundsätze, Prinzipien, Leitbilder, die eine Richtung vorgeben. Eine Orientierung. Sonst werden Entscheidungen beliebig. Mit dem neuen Programm wurden diese Grundsätze diskutiert und neu formuliert. Sechs Mal haben CDU-Mitglieder kritische Anmerkungen gegeben, zusätzliche Ideen angesprochen und der CDU-Spitze viel Lob gespendet.

Carsten Linnemann: Wir müssen uns ehrlich kümmern.

Was braucht es, um als Partei in Deutschland erfolgreich zu sein? CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zählt Kernpunkte auf: „Wir müssen zeigen, was wir besser machen wollen. Wir müssen zeigen, wie wir es machen wollen. Und wir müssen dabei auch in die Tiefe gehen“, sagt er und fügt gleich hinzu: „Wir wollen zeigen, dass wir nicht alles mit Geld zuschütten können.“ Die Gesellschaft muss wieder „ganz normal“ funktionieren.

„Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Gesellschaft Leistung wieder honoriert“, sagt er. „Leistung muss sich lohnen.“ Damit das funktioniert, „müssen wir uns um die Kernthemen kümmern.“ Geld. Wohlstand, Sicherheit. Das tägliche Leben der normalen Leute. „Ideen müssen wieder entwickelt werden, ohne gleich Widerspruch zu bekommen. Es dürfen nicht Bedenkenträger das Wort führen."

Wir brauchen in Deutschland auch wieder eine Kultur des Machens.“ Carsten Linnemann.

Was ist die Grundlage dafür? „Das Grundsatzprogramm zeigt, dass wir vom christlichen Menschenbild ausgehen“, so Linnemann. „Wir nehmen die Menschen wie sie sind. Unsere Wurzeln sind christlich, liberal und konservativ. Und dazu dürfen wir selbstbewusst stehen. Wir stehen in der Mitte des politischen Spektrums.“ Die Leute sollen wieder Lust haben auf Zukunft. Sie sollen ihr Leben weder selbstbewusst in die Hand nehmen, sagt er. „Wir dürfen nicht nach rechts schauen, nicht nach links. Nur nach vorne.“

Friedrich Merz: Der Weg der Erneuerung war notwendig.

Die CDU musste sich auf den Weg machen, „weil wir nicht mehr gut genug waren“. CDU-Chef Merz schildert den Weg der Erneuerung: CDU und CSU mussten wieder Opposition lernen. Themen mussten wieder selbst erarbeitet werden. „Hinsetzen, Ideen aufschreiben, Die Regierung kritisieren. Aber auch, zu sagen, was man besser machen kann und will.“ Jetzt kann die CDU wieder Wahlen gewinnen. Jetzt geht man in den letzten Teil dieser Erneuerung. Mit dem Parteitag Anfang Mai. „Dann sind wir aufgestellt für nationale Wahlen. Dann kann die Bundestagswahl kommen. Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen.“ Je früher desto besser für Deutschland!“

Ein lebenswertes Leben ist ein Leben in Freiheit.

Freiheitliche Gesellschaften bringen das Beste im Menschen hervor. Das heißt es, in Freiheit zu leben. Unsere Freiheit ist ein großes Glück. Wir können unsere Talente frei entfalten. Wir können uns frei bewegen und arbeiten, wo wir wollen. Wir können frei reden und unsere Regierung frei wählen.

Berlin ist das Symbol für Einheit und Freiheit, für Demokratie und Rechtstaatlichkeit, stellt Merz fest. So hatte es Wolfgang Schäuble beschrieben. Er war Ehrenbürger dieser Stadt. „Diese Freiheit müssen wir heute verteidigen“, sagt Merz. Der Überfall Russlands, der Terrorangriff der Hamas sind symbolische Daten. „Sie stehen für Ereignisse, die wir in den letzten 30 Jahren nicht mehr für möglich gehalten hätten.“

Das CDU-Grundsatzprogramm von 2007 ist auch deshalb in weiten Teilen überholt. „China hat heute maßgeblichen Einfluss darauf, wie sich Frieden und Freiheit, aber auch Unfrieden und Unterdrückung in der Welt entwickeln.“ China ist zu einem globalen Faktor geworden. Ohne China geht nicht viel auf dieser Welt, stellt der CDU-Chef fest. Ohne klare Entscheidungen können wir dem nichts entgegenhalten.

Der Krieg in der Ukraine steht in Wahrheit für den neuen Konflikt im 21. Jahrhundert“, stellt Merz fest. Zwischen freiheitlichen Gesellschaften und autoritären Systemen, die die Welt zu ihren Gunsten verändern wollen. Man muss in der Bevölkerung dafür werben, dass wir für unsre Freiheit wieder etwas tun müssen.

„Für Putin ist nicht die größte Bedrohung die NATO. Für Putin ist die größte Bedrohung das Freiheitsversprechen der Europäischen Union. Die größte Bedrohung für Despoten ist die Freiheit.“ Friedrich Merz

Die CDU hatte in fast 80 Jahren ihrer Geschichte mit „Politik nach Überzeugung“ die wegweisenden Entscheidungen für Deutschland getroffen – von Westbindung und sozialer Marktwirtschaft bis zur Nachrüstung und dem Nato-Doppelbeschluss. „Ohne die CDU wäre die Geschichte unseres Landes – und unseres Kontinents – anders verlaufen. Wir standen auf der Seite der Geschichte, nicht auf der Seite der Demoskopie. Das ist politische Führung. Und auch heute ist wieder politische Führung gefragt.“

Wohlstand entsteht durch Freiräume.

Der Wohlstand einer Gesellschaft ist mehr als Besitz und Einkommen. Echter Wohlstand entsteht nur mit nachhaltigem wirtschaftlichem Wachstum. Dazu brauchtes Freiräume für Ideen, die neue Technologien hervorbringen. Unser Leitbild ist eine innovative und leistungsfähige Wissensgesellschaft.

Merz macht ganz deutlich: „Wir stehen technologisch vor einer Reihe von großen Chancen – aber auch vor Risiken.“ Für unsere Gesellschaft, für unsere Wirtschaft, für unser Land. „Ich stelle nicht nur die Frage, wie wir leben wollen“, sagt Merz in die Runde. „Wir müssen auch die Frage stellen: Wovon wollen wir den künftig leben.“ Denn ohne eine starke Wirtschaft wird es keinen effektiven Klimaschutz geben können, so Merz. „Wir sind uns einig, dass wir Wirtschaft, Energie und Klima nicht als Gegensätze verstehen dürfen. Das gehört zusammen.“ Sonst wird Deutschland kein Industrieland bleiben können. Derzeit wandert Industrie aus Deutschland ab. „Wenn wir keine Unternehmen haben, die Innovationen einbringen, Arbeitsplätze schaffen, dann wird es nicht gehen.“

Der Weg in die Zukunft kann nicht vorgeschrieben werden, stellt der CDU-Chef fest. „Wir wissen heute nicht, welche Technologien in 10 oder 20 Jahren die richtigen sind. Aber wissen: Die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Verbote und Regulierungen werden am Ende des Tages nichts bringen. Demokratie und Planwirtschaft passen am Ende des Tages nicht zusammen.“

Zuversicht braucht Sicherheit.

Sicherheit braucht ein starkes Miteinander. Die CDU will eine Gemeinschaft, in der niemand allein gelassen wird. Die CDU fordert, dass jeder Mensch Respekt erfährt. Keine Debatte dazu ist lächerlich. Wir wollen ein Land, in dem Zusammenhalt, Gemeinschaft und Einsatzfreude großgeschrieben werden.

Die CDU will vor allem den Zusammenhalt stärken. „Alle Institutionen leiden unter der Ausdifferenzierung unserer Gesellschaft.“ Merz fordert: Auch in einem diversifizierten Land braucht es ein Verständnis, „wie wir in diesem Land miteinander umgehen. Nennen Sie es Leitkultur.“ Dazu zählt die Religionsfreiheit. „Das schließt aus, dass irgendeine Religion über dem Gesetz steht“. Ohne Gemeinsamkeit erträgt eine Gesellschaft keine Vielfalt. Die Grünen reden nur über Vielfalt. „Wir reden auch über Gemeinsamkeit.“

Ein freies, sicheres und wohlhabendes Europa wählen.

„Diese Europawahl wird ein EU-Parlament wählen, das in seiner Reichweite und Bedeutung so wichtig sein wird, wie keim Parlament davor.“ Es geht um Sicherheit nach innen und außen. „Wir müssen die Außengrenzen besser schützen“, so Merz. Europa muss Migration gemeinsam regeln. Europa muss mehr für die eigene Sicherheit tun.

„Wir müssen in Europa für unsere Sicherheit, unsre Freiheit und unseren Wohlstand mehr tun müssen als früher.“ Friedrich Merz

Deutschland liegt in der Mitte Europas. Es ist – noch – das wirtschaftlich stärkste Land. Daraus erwächst eine Verantwortung. Und diese Verantwortung muss Deutschland übernehmen. „Die Erwartungen an uns sind so, dass wir der Führungsverantwortung in Europa nachkommen müssen, wenn Europa dauerhaft eine Erfolgsprojekt sein soll.“

Die Pole der Gesellschaft wieder zusammenbringen.

Schafft es die CDU, die Gesellschaft wieder zu einen? Der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt sucht dazu das Gespräch mit Kai Wegner und Jan Redmann. Was braucht es für eine starke Gesellschaft, für starken Zusammenhalt? Für den Berliner Kai Wegner gehört vor allem Konsequenz dazu: „Wir haben nicht nur klare Worte zur Silvesternacht gefunden. Wir haben dafür gesorgt, dass der Senat die Lage zu Silvester in jeder Sekunde unter Kontrolle hatte“, bekräftigt der Regierende Bürgermeister. Es ist ein Beispiel, das zeigt, wofür gute Politik stehen muss. Es geht ums „Machen“. Und „das spiegelt sich in diesem Grundsatzprogramm wider: Den Menschen wieder Hoffnung zu geben.“

Jan Redmann ist CDU-Chef in Brandenburg. Er kann im September Ministerpräsident werden. Redmann sagt klar: Es gibt eine klare Linie in dem neuen Programm: „Glaube ich, dass es mir gelingt, meine Bedürfnisse gegen das Land durchzusetzen? Oder glaube ich, dass es mir als Einzelnem besser geht, wenn es dem Land besser geht?“ Die Antwort kann nur sein: Es zählt die Gemeinschaft. Sie zeigt, wie man Politik verantwortlich gestaltet. „Wir müssen deutlich machen, dass es wieder auf den Gemeinsinn ankommt. Das ist Grundlage einer starken Gemeinschaft. Und das unterscheidet uns massiv und grundsätzlich von anderen Parteien.“

„Gerade wir Ostdeutsche wissen, dass es ohne Leistung keinen Wohlstand gibt.“ Redmann macht deutlich: „Das alles fühlen die Menschen als gefährdet.“ Sie sehen zunehmend die Union als einzige Kraft, die alles zusammenführt, was dazu notwendig ist. Bürgergeld oder Arbeit? „Die Menschen müssen spüren, dass sich Leistung lohnt. Wir müssen das Aufstiegsversprechen erneuern. Dafür muss die Union stehen: für Leistung und für Aufstieg.“

Heute schon an morgen denken.

Wie müssen wir heute handeln, damit es auch in zehn Jahren noch gut ist? Wie müssen wir heute die Weichen stellen, damit es auch in zehn Jahren noch heißt: Das war vorausschauende Politik. „Unsere Hausaufgaben liegen auf dem Tisch“, sagt Merz. „Und wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.“ Die CDU hat es sich nicht leicht gemacht. Das Ergebnis kann sich sehen lassen! Auf dem CDU-Parteitag Anfang Mai soll es beschlossen werden.

„So wie die Frauen und Männer, die unsere Partei 1945 gründeten, glauben auch wir an eine bessere Zukunft für alle. Wir wollen diese Zukunft gestalten – mit Mut, Entschlossenheit und Zuversicht.“ Schlusssatz im Entwurf zum neuen CDU-Grundsatzprogramm