Mehr wäre möglich gewesen

Die Ministerpräsidentenkonferenz wurde von allen Seiten mit großer Spannung erwartet. Würden sich die 13 Ministerpräsidenten, die drei Ministerpräsidentinnen und der Kanzler auf die notwendige Kehrtwende in der Asylpolitik einigen? Geeignete Maßnahmen festgelegt werden, um die hohen Flüchtlingszahlen zu drücken? Die Länder und Kommunen endlich entlastet werden bei den ausufernden Kosten?

Die Ergebnisse liegen nun in Form eines Beschlusses von 17 Seiten vor. Der Bundeskanzler nennt die Einigung bei der Asylpolitik einen „historischen Moment“. Dem muss die CDU – leider – widersprechen. Boris Rhein nannte den Beschluss bei der folgenden Pressekonferenz zwar „einen guten Schritt voran“. Weitere Schritte müssten aber folgen, um die illegale Migration zu stoppen. Rhein ist Ministerpräsident von Hessen und derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor wirft dem Kanzler sogar Realitätsferne vor. Im Interview mit dem Deutschlandfunk macht er klar:

„Ein historisches Ergebnis hat diese Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bundeskanzler nicht gebracht.“ Philipp Amthor

Philipp Amthor Philipp Amthor, Foto: Tobias Koch

Der Grund: „Die Bereitschaft hat gefehlt.“ Was braucht es für einen wirklichen historischen Moment? Philipp Amthor macht klar: Historische Durchbrüche können nicht allein in einer Ministerpräsidentenrunde erzielt werden, sondern nur „mit der Regierung und der größten Oppositionsfraktion CDU/CSU“.

Unter dem Strich: Mehr wäre möglich gewesen. „Die vorgeschlagenen Aspekte können ein Anfang sein“, so Amthor. Er fordert: „Es braucht einen Mentalitätswandel in der deutschen Politik für mehr Ordnung, Steuerung und Begrenzung irregulärer Migration.“ In der Regierung ist diese Einsicht bisher nicht eingetreten. Dies zeigt sich auch an dem Vorstoß der Regierung, das Staatsbürgerschaftsrecht zu liberalisieren. Dieses Gesetz will eine Turbo-Einbürgerung. Statt nach acht Jahren könnten ausländische Staatsbürger bereits nach drei Jahren den deutschen Pass bekommen.

Was steht drin in dem Beschluss?

Im ARD-Morgenmagazin fasst Generalsekretär Carsten Linnemann den Beschluss zusammen: „Es ist ein kleiner Schritt zur Entlastung der Kommunen.“ Und: „Dieses Papier reicht bei weitem nicht aus und da dürfen wir uns auch nichts vormachen.“

Das sind die Bausteine:

Neue Kostenverteilung in der Asylpolitik: Pro Asyl-Erstantrag wird den Kommunen eine Pauschale von 7.500 Euro im Jahr gezahlt. So entlastet der Bund die Länder und Kommunen bei den Flüchtlingskosten um 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2024. Der Oberbürgermeister der Stadt Pirmasens in Rheinland-Pfalz, Markus Zwick, begrüßt die Kostenpauschale. Zwick ist aber auch der Meinung, dass diese „bei weitem noch nicht ausreicht, um alle Kosten, die mit der Aufnahme, der Unterbringung und der Integration der Flüchtlinge verbunden sind, zu finanzieren.“ Im ARD-Morgenmagazin erklärt der Kommunalpolitiker: „Wir brauchen die Mittel, damit wir die Mammutaufgabe der Integration der Flüchtlinge auch tatsächlich erfolgreich bewältigen können.“

Leistungseinschränkungen für Asylbewerber: Es gibt keinen Anspruch mehr auf Bürgergeld nach 1,5 Jahren, sondern erst nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland. Carsten Linnemann begrüßt diese Festmachung im ARD-Morgenmagazin. Er macht aber auch klar: „Die Menschen dürfen gar nicht erst nach Deutschland kommen.“ Auszahlungen in bar an Asylbewerber sollen eingeschränkt werden: Stattdessen soll eine Bezahlkarte eingeführt werden.

Beschleunigte Asylverfahren und einfachere Abschiebung: Abschiebungen sollen zügiger vonstattengehen. Beschleunigte Asylverfahren sollen dafür sorgen, dass Asylverfahren und das anschließende Gerichtsverfahren maximal drei Monate dauern. Um die Rückführungen zu erleichtern, sollen Migrationsabkommen mit den Herkunftsländern abgeschlossen werden. Das EU-Fluchtabkommen mit der Türkei soll wiederbelebt werden. Carsten Linnemann fordert zudem: „Wir müssen den Familiennachzug einschränken“. Dies aber ist nicht Teil des Beschlusses.

Verbesserung der Kontrollen an den deutschen Grenzen: Die Kontrollen an den Grenzen werden fortgeführt. Ob das ausreicht? Carsten Linnemann bezweifelt das. Außer Kontrolle „müssen auch an unseren Grenzen Kontroll- und Transitzentren eingerichtet werden“. Sein Blick geht nach Dänemark. „Erst dann verteilen auf die Kommunen, wenn es auch wirklich ein Bleiberecht gibt.“

Insgesamt bleibt der Eindruck: In dem Beschluss ist viel zu häufig die Rede von „Wir wollen das prüfen“, statt jetzt zu handeln, um die Flüchtlingszahlen zu senken. Linnemann stellt fest:

„Das ist alles zu weich. Um die illegale Migration zu senken, reicht dieses Papier nicht aus.“ Carsten Linnemann

Christina Stumpp: Spürbare Entlastung nicht zu erwarten.

Auch die stellvertretende CDU-Generalsekretärin Christina Stumpp zeigt sich skeptisch: "Länder und Kommunen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass ihre Belastung durch flüchtlingsbedingte Mehrausgaben deutlich über den im Jahr 2023 vom Bund zugesagten 3,75 Milliarden Euro liegen", stellt sie klar. Hieraus ist erkennbar, dass die Bundeshilfe auch weiterhin nicht ansatzweise der Verantwortung des Bundes gerecht wird, der zwar die Instrumente zur Begrenzung der irregulären Migration in den Händen hält, diese aber offensichtlich nicht konsequent nutzen will.

ci 193178 Christina Stumpp ist stellvertretende Generalsekretärin der CDU. Sie leitet das Kommunalbüro im Konrad-Adenauer-Haus. (Foto: CDU/Steffen Böttcher)

„Mit einer spürbaren Entlastung der Kommunen dürfte zeitnah nicht zu rechnen sein. Mittelfristig kann eine Entlastungswirkung eintreten, sofern die beschlossenen Maßnahmen umgehend und ausnahmslos von der Ampelregierung umgesetzt werden.“ Christina Stumpp

Die bisherige Flüchtlingspauschale wird ab 2024 ersetzt. Ausreichend sind die angekündigten 7.500 Euro pro Person und Jahr auf keinen Fall, so Stumpp. "Schwierig ist, dass die Pro-Kopf-Zahlung des Bundes nur auf Erstanträge beschränkt werden soll. Vor diesem Hintergrund ist wichtig, dass Folgeverfahren beschleunigt werden und die Folgeantragsteller nicht mehr auf Kommunen verteilt werden, um nicht vom Bund kompensierte finanzielle Belastungen zu vermeiden."

Was fordert die CDU in der Asylpolitik?

Die Vorschläge der CDU/ CSU-Fraktion liegen seit Wochen auf dem Tisch und kamen keinesfalls überraschend, wie nun einige Medien berichteten. Auf der Website Deutschlandpakt | CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind diese einfach aufzufinden.

Am 13. Oktober unterbreitete Friedrich Merz im Namen der Unionsfraktion dem Kanzler den 26-Punkte-Plan: Die Zuwanderung soll auf 200.000 pro Jahr begrenzt werden. Zudem sollen Transitzonen und Rückkehrzentren eingerichtet werden. Der Familiennachzug zu subsidiären Schutzberechtigten soll ausgesetzt werden. Algerien, Marokko, Tunesien, Georgien und Moldau sollen zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Der 26-Punkte-Plan ist hier zu lesen.

Die CDU/ CSU-Fraktion hatte schon am 19. September einen Antrag "Deutschland-Pakt in der Migrationspolitik - Irreguläre Migration stoppen" eingebracht. Zentraler Punkt: Die Möglichkeit, Asylverfahren uneingeschränkt in sicheren Drittstaaten durchzuführen.

Wie geht es weiter? Klar ist: Jetzt muss zügig gehandelt werden. Friedrich Merz fordert:

„Ich erwarte von der Bundesregierung, dass diese Beschlüsse vor Jahresende in den Bundestag eingebracht und beschlossen werden.“ – Friedrich Merz

Friedrich Merz Friedrich Merz im Deutschen Bundestag, Foto: CDU/ Tobias Koch

Nur so können die neuen Regelungen pünktlich zum Beginn nächsten Jahres in Kraft treten und die Migration nachhaltig gesenkt werden.