Unverhofft kommt oft. Das trifft derzeit insbesondere auf Bundesinnenministerin Nancy Faeser zu. Vergangenen Freitag, am 22. September sprach sie sich vormittags im Bundestag noch energisch gegen mögliche Grenzkontrollen aus. Am Nachmittag kam der Sinneswandel. Plötzlich überraschte sie die Abgeordneten und bewarb Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien. Grenzgebiete, in denen jeden Tag flüchtende Menschen versuchen, nach Deutschland einzuwandern – fast immer mit Erfolg, da bisher eben nicht kontrolliert wird. Doch laut Innenministerium soll jetzt Schluss damit sein. Sie kündigt zumindest die Prüfung möglicher Kontrollen an. Schließlich sind am 8. Oktober Landtagswahlen in Hessen.

Woher kommen diese Menschen aus dem Nichts plötzlich zur deutschen Grenze? In seiner aktuellen Merz-Mail macht der CDU-Vorsitzende deutlich, dass zahlreiche Migranten seitens Russlands als Instrument missbraucht werden. Aus Syrien, Afghanistan und der Türkei werden sie zu Tausenden nach Europa geflogen. Über Moskau und das belarussische Minsk werden sie gegen teure Bezahlung von kriminellen Schlepperbanden an die Grenzen gebracht. Die russische Regierung setzt diese Menschen skrupellos ein, um europäische Staaten zu belasten: Die Stabilität unseres Landes soll be- und überlastet werden.

Merz: parteiübergreifende Lösung anstreben

Im Interview mit der Augsburger Allgemeinen macht Merz darüber hinaus deutlich, dass die Flüchtlingskrise dringend parteiübergreifend gemeinsam gelöst werden muss. Die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung wird schon mehr als genug in Anspruch genommen. Auch die Integrationsfähigkeit des Landes kann nicht weiter überstrapaziert werden. Deshalb hat die CDU dem Bundeskanzler angeboten, bei seinem Deutschland-Pakt mit einzusteigen. Als erster Schritt muss die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, reduziert werden. Doch selbst am Tag 20 nach Bekanntgabe seines Deutschland-Pakts ist von Bundeskanzler Scholz nichts zu hören.

Linnemann: Problem erkennen allein reicht nicht

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann teilt diese Erkenntnis. Woher auch immer die illegale Migration rühren mag – das Erkennen allein reicht nicht.

„Wenn wir dieser Herausforderung Herr werden wollen, dann müssen die Parteien bereit sein, parteiübergreifend den Schulterschluss zu suchen.“ Carsten Linnemann

Deswegen nennt Linnemann im Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 23. September Möglichkeiten, wie die Probleme gelöst werden können.

Diese Probleme zeigen sich dort, wo Tausende Kinder im schulfähigen Alter nicht zur Schule gehen können, weil es an Lehrern und Schulplätzen fehlt. Sie zeigen sich dort, wo der Bildungsstandard der Schülerinnen und Schüler deshalb in den Keller sinkt. Dort, wo Turnhallen in Notunterkünfte umfunktioniert werden. Dort, wo die Gesellschaft auseinanderbricht, weil Kommunen und Städte mit der Integration überfordert sind. All das ist zunehmend in Deutschland zu beobachten.

Und nun? Anpfiff zweite Halbzeit: der parteiübergreifende Schulterschluss

Genauso wie der Partei-Chef möchte auch Linnemann, dass nicht nur die CDU, sondern auch die anderen Parteien der demokratischen Mitte wieder stärker werden und das Thema Migration gemeinsam angehen.

Schon seit Langem gibt es von der CDU Angebote und Vorschläge, wie insbesondere die illegale Migration zu begrenzen ist. Da eine gemeinsame europäische Lösung zurzeit fehlt, muss auf nationaler Ebene mehr getan werden. Erst dann wird deutlich, dass die vorhandenen Aufnahmekapazitäten erschöpft sind. Konkret nennt Linnemann drei Punkte, die zu einer Lösung führen:

1) Grenzkontrollen

Grenzkontrollen an der polnischen und tschechischen Grenze – wie vom Innenministerium vorgeschlagen - sind ein erster Schritt. Doch sie reichen nicht aus. Im österreichischen Grenzgebiet gehören erfolgreiche Kontrollen bereits zum Alltag. Hier ist keine Einwanderung mehr möglich. Deswegen ist jetzt die angrenzende Schweiz zum neuen Zwischenziel der Migranten geworden. Beide Nachbarstaaten sind klein und schnell erreichbar. Um dieser Taktik Einhalt zu gebieten, muss auch an den Grenzen der Schweiz überprüft werden.

2) Sichere Herkunftsstaaten – die Liste ist deutlich zu kurz!

Derzeit ist geplant, einzig Moldau und Georgien in diese Reihe der sicheren Herkunftsstaaten aufzunehmen. Asylanträge für Migranten aus diesen Ländern werden im Regelfall abgelehnt. Das Bundesverfassungsgericht hat hohe Anforderungen festgelegt für Länder, die als solche sicheren Herkunftsländer gelten. Laut Bundestag zählen auch Marokko, Tunesien und Algerien dazu. Jetzt ist es wichtig, dass auch auf Landesebene im Bundesrat vornehmlich die Grünen bereit sind zum Schulterschluss. Wenn sie der allgemeinen Wahrnehmung zustimmen, können sich auch diese sogenannten Maghreb-Staaten in die Liste der sicheren Herkunftsländer einreihen.

3) Sachleistungen statt Bargeld

Es besteht kein Zweifel: Sozialleistungen sind ein Anziehungspunkt – zumal diese für Geflüchtete in Deutschland um ein Vielfaches höher sind als in anderen europäischen Ländern. Selbst abgelehnten Asylbewerbern wird weiter Geld gezahlt. „Das ist einfach falsch!“ Für den CDU-Generalsekretär ist klar, dass es hier andere Lösungen braucht: Sachleistungen statt Bargeld – so, wie es die CSU in Bayern in Form von Geldkarten vorschlägt. Mit solch einer Karte kann weiterhin ganz normal eingekauft werden. Lebensmittel, Kleidung und alles, was notwendig ist, um die Alltagsbedürfnisse zu decken. Bargeld abheben zählt nicht dazu.

„Das sind drei Punkte, mit denen wir aus dem Bundestag heraus ein Zeichen setzen könnten, dass wir jetzt eine Kehrtwende machen.“ Carsten Linnemann

Ziel der Union: die gemeinsame Kehrtwende im Bundestag

Die CDU will eine Kehrtwende, die dem humanitären Anspruch für Migranten und Geflüchtete gerecht bleibt. Ein überaus wichtiges Ziel, denn es droht ein diffuser Kontrollverlust. Die Verwaltung ist überlastet, die Justiz ebenso. Die Infrastruktur in Deutschland ist nicht mehr in der Lage so viele Menschen zu versorgen. Auch der CDU-Chef weist im Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen darauf hin: Es fehlt an Wohnungen, Schulplätzen, Krankenhausversorgung und an vernünftigen Ausbildungsplätzen. Den Vorschlägen seines Generalsekretärs fügt Merz hinzu: Diejenigen, die rechtskräftig abgewiesen worden sind müssen auch konsequent abgeschoben werden. Nur dann kann eine echte Integration erfolgreich gelingen.

Deutschlandpakt

CDU und CSU haben Bundeskanzler Scholz eine enge Zusammenarbeit angeboten. Die Antwort des Kanzlers lässt auf sich warten.

Nachlesen können Sie diese und andere konkrete Vorschläge der Union hier.