Hätte es 1946 schon Instagram, TikTok & Co. gegeben, wäre er ein gefeierter Influencer gewesen. Doch diese Berufsbezeichnung gab es ein Jahr nach Ende des zweiten Weltkriegs ebenso wenig, wie den Traum danach. Und so gründete der 16-jährige Helmut die Junge Union in Ludwigshafen. Von hier aus startete er seine Laufbahn als analoger Influencer. Seine Ideen waren erfolgreich: Schon vier Jahre später wird er damit zum Vorsitzenden der Christlich Demokratischen Union seiner Heimatstadt gewählt, später zum Landesvorsitzenden und Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz. Von dort startete Kohls beispiellose Karriere in der Bundespolitik: Heute vor 50 Jahren begann Helmut Kohl als neuer CDU-Chef, die Partei zu erneuern. Er machte die CDU zur echten Volkspartei. Eine Partei für jedermann! Unabhängig von Honoratioren – Menschen, die besonderes gesellschaftliches Ansehen genießen – öffnete er die CDU für Mitglieder aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Er gewinnt den Höchststand an neuen ‘Followern‘. Zur Wiedervereinigung hat die CDU fast 790 000 Mitglieder.

Parteisoldat, Reformer und Erneuerer

Schon früh begann Helmut Kohl die Erneuerung der CDU. Mit den Generalsekretären Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler startete er das Networking – analog natürlich. Ein Netzwerk aus Kreisgeschäftsstellen wurde errichtet und diente als zentraler Anlaufpunkt für Bürgerinnen und Bürger. Das ist bürgernah, wie die Volkspartei selbst. Bei diesen Kreisvorsitzenden wurden dann von hier die Debatten aus den ‘Hinterzimmern‘ in die breite Parteiöffentlichkeit getragen.

Helmut Kohl kannte alle in der CDU. Hatte ein Kreisvorsitzender eine abweichende Meinung, konnte es schon passieren, dass am Sonntag das Telefon klingelte: „Hier spricht Helmut Kohl.“ Dazu gehörte natürlich auch, dass er als Parteivorsitzender und späterer Bundeskanzler an den Geburtstag eines jeden Kreisvorsitzenden denkt und von Flensburg bis Koblenz telefonisch persönlich gratuliert.

Das erste Grundsatzprogramm

Doch damit nicht genug. Bisher wurde über politische Programme und Inhalte nur auf höherer Ebene intensiv diskutiert. Für Kohl keine Frage: Eine offene Volkspartei braucht ein Grundsatzprogramm, das alle mitnimmt. Gemeinsam mit Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler ließ er das erste CDU-Grundsatzprogramm unter der Leitung von Richard von Weizsäcker erarbeiten. In vielen Arbeitskreisen wurden Ideen gesammelt, Grundätze formuliert und Herausforderungen erkannt. Im Herbst 1978 wurde es dann beim Parteitag in Ludwigshafen unter dem Titel ‚Freiheit-Solidarität-Gerechtigkeit‘ verabschiedet. Diese erstmals aufgestellten Leitplanken spiegeln bis heute das Selbstverständnis der CDU wider.

Auch heute noch ist die CDU eine wertebasierte Partei, die auf der Basis des christlichen Menschenbildes handelt, vom Individuum her denkt und sich in erster Linie an den Notwendigkeiten der Zeit orientiert. Ideologien, kollektives Denken und dogmatische Lehrthesen als Zielvorgaben für politisches Handeln lehnt die CDU ab.

Die „geistig-moralische Wende“

Anfang der 1980er Jahre forderte Helmut Kohl eine „geistig-moralische Wende“ in Deutschland. Damit richtete er sich gegen einen Zeitgeist der radikalen Offenheit, warb um die Wahrung von Werten in Gesellschaft und Politik. Mit dem Beginn seiner Kanzlerschaft am 1. Oktober 1982 startete der CDU-Parteivorsitzende eine neue Ära.

Mit dem liberalen Heiner Geißler und der Professorin Rita Süssmuth holte sich Helmut Kohl auch progressive Kräfte in Partei und Regierung. Letztere stieg 1985 in die Bundespolitik ein, wurde ein Jahr später erste Frauenministerin der Bundesrepublik und initiierte den Erziehungsurlaub für Eltern.

Einheit der CDU und zweites Grundsatzprogramm 

Als im November 1989 die Berliner Mauer fielt, setzte Kohl sich als Kanzler für die Wiedervereinigung Deutschlands ein. Das gelang ihm, ausgehend von seinem 10-Punkte-Plan. In Gesprächen mit den USA, Frankreich, Großbritannien und der Sowjetunion war er erfolgreich. Am 3. Oktober 1990 wurde Deutschland wieder ein Staat.

Schon am Abend des 2. Oktobers 1990 traten die ostdeutschen Landesverbände der CDU bei. Die CDU Deutschlands startete danach nicht nur in den ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlkampf. Die Partei begann auch den Prozess zu ihrem ersten gemeinsamen Grundsatzprogramm. 1994 wurde es auf dem Hamburger Parteitag beschlossen. Das Programm suchte die innere Einheit Deutschlands.

Großer Europäer

Die europäische Einigung war Kohl immer ein großes Anliegen. Schon 1985 unterzeichnete die Bundesrepublik das Schengener Abkommen, womit das Reisen innerhalb der europäischen Mitgliedsstaaten ohne Grenzkontrollen möglich wurde. Gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten Francois Mitterand machte er aus der Europäischen Gemeinschaft eine echte Union. Kohl stimmte zu, die Rechnungseinheit ECU (European Currency Unit) als Euro auszugeben und auf die nationale Währung D-Mark zu verzichten. Seit fast 40 Jahren reisen wir grenzenlos durch Europa. Seit über 20 Jahren zahlen wir fast überall in Euro. Wir lernen und arbeiten, wohnen und leben in der EU dort, wo es uns gefällt. Diese Freiheit ist in der Welt von heute einmalig.

Was bleibt - ein großes Danke, ein großer Staatsmann

1998 zog sich Helmut Kohl nach dem Verlust der Bundestagswahl aus der Politik und von seinem Parteivorsitz zurück. Sein Nachfolger in der CDU wurde Wolfgang Schäuble. Mit einem viertel Jahrhundert als CDU-Vorsitzender ist Helmut Kohl bis heute der längste amtierende CDU-Parteichef. Eine Zeit, in der er für die CDU national und international sehr viel erreicht hat. Mehr als ein Influencer jemals zu bewirken vermag. Sein Name ist für immer mit der deutschen Einheit und der Europäischen Einigung im Namen der CDU verknüpft.

Wir danken Helmut Kohl für diese Leistungen. Sie sind uns Ansporn und Vorbild.

Seine Arbeit wirkt bis heute. Sie ist und bleibt ein wichtiger Ansporn auf dem Weg zum neuen CDU-Grundsatzprogramm. Unsere Werte ‘Freiheit-Solidarität-Gerechtigkeit‘ werden wir an die heutige Zeit anpassen. Für eine gute Zukunft.

Die CDU verneigt sich vor Helmut Kohl für sein Lebenswerk. Dankbar erinnern wir uns an seine vorbildliche und inspirierende Politik.