Berlin, Weimar und nun Lüneburg: mit ihrer Veranstaltungsreihe „Der Rede WERT“ war die CDU gestern im Norden zu Gast. Mit dabei: Der Spitzenkandidat der niedersächsischen CDU für die Landtagswahl im Herbst, Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, CDU-Bundesvorstandsmitglied Franziska Hoppermann, Generalsekretär Mario Czaja – und rund 80 Mitglieder aus den CDU-Verbänden vor Ort.

Auch hier im Mittelpunkt: die Ende Juni von Präsidium und Bundesvorstand beratene Grundwertecharta. In seinem Videogrußwort betonte der Vorsitzende der Programm- und Grundsatzkommission, Carsten Linnemann: „Wir brauchen wieder eine packende, mutige Erzählung, die in die Zukunft gerichtet ist. Darauf wird es ankommen.“ Außerdem brauche die CDU glasklare Punkte, die deutlich machen, „was uns von anderen unterscheiden“, so Linnemann. Wenn die CDU auf ihrem Wertefundament in der Sache streite, dann könne sie sich treu bleiben.

Politik mit Verlässlichkeit, Vernunft und Mitgefühl

Gemeinsam diskutierten dann Mario Czaja, Bernd Althusmann und Franziska Hoppermann, was die CDU ausmacht und in welchen Punkten sie sich verändern muss. In seinem Impuls machte Althusmann klar, dass die CDU auch in Fragen der sozialen Gerechtigkeit Antworten brauche. „Themen wie Wirtschaft und Innere Sicherheit verorten die Menschen bei uns. Aber Lösungen für bezahlbaren Wohnraum oder Antworten auf die anhaltenden Preissteigerungen werden nicht unbedingt der CDU zugesprochen. Das muss sich ändern“, sagte er. Auch sei der gesellschaftliche Zusammenhalt oberste Priorität der Arbeit der CDU. „Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass wir an den Lebensrealitäten der Menschen vorbei diskutieren“, so Althusmann. Am 2. Oktober findet in Niedersachsen die Landtagswahl statt, zu der Althusmann als Spitzenkandidat der CDU antritt. Im Vorgespräch zur Veranstaltung auf seine bisher gute Aufholjagd zu den Sozialdemokraten angesprochen, sagte Althusmann augenzwinkernd: „In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen wurden zwei ehemalige Handballer zu Ministerpräsidenten gewählt. Wenn das eine notwendige Qualifikation ist, bringe ich die mit.“

Außerdem ist ihm wichtig: „Christdemokratie ist vom Grunde her optimistisch. Niemals ressentimentgeladen. Keine Frustrationsbewirtschafter, wie es das Geschäftsmodell bestimmter politischer Mitbewerber ganz rechts und links außen ist.“ Denn: „Bei allen Widrigkeiten und Sorgen - wir setzen auf die Erneuerungskraft unseres Gemeinwesens. Wir setzen auf die Bereitschaft der Menschen, neue Wege mitzugehen, wenn ihnen Verlässlichkeit, Vernunft und Mitgefühl geboten werden. Dazu wollen wir die politische Führung übernehmen.“ Die CDU sei und bleibe die große Volkspartei der Mitte, die Politik mit praktischer Vernunft macht und misstrauisch gegenüber allen zu dogmatischen, zu technokratischen oder zu ideologischen Politikansätzen ist.

Bernd Althusmann: Wir setzen auf die Bereitschaft der Menschen, neue Wege mitzugehen, wenn ihnen Verlässlichkeit, Vernunft und Mitgefühl geboten werden. Dazu wollen wir die politische Führung übernehmen.

Das sieht auch Franziska Hoppermann so: „Es ist Aufgabe der Politik, Alltagsprozesse zu vereinfachen, statt die Menschen mit immer neuen Vorgaben zu bevormunden. Es ist Aufgabe der Politik, sich daran zu orientieren, was den Menschen dient und ihr Leben besser macht. Diese Einsicht unterscheidet die CDU oft von anderen Parteien.“

Czaja: Den Zeitgeist mitgestalten

„Wir wollen das Profil der CDU nach außen und für unsere Mitglieder schärfen“, beschreibt Generalsekretär Mario Czaja das Ziel des Programmprozesses. Gemeinsam mit den Mitgliedern, denn nur so kann einerseits die Vielfalt der Meinungen und Positionen innerhalb der CDU sichtbar, andererseits aber deutlich gemacht werden, was alle Christdemokraten miteinander verbindet. „Mut zur Veränderung haben und sich dabei treu bleiben“ – so wünscht sich Mario Czaja die CDU auf ihrem Weg zu neuer Stärke.

Bis zum Parteitag im Jahr 2024 soll der Prozess dauern – ausreichend Zeit also, um gemeinsam mit Mitgliedern und Fachgremien gute Antworten auf die Fragen der Zeit zu entwickeln. In diesem September wird der Parteitag zunächst die Grundwertecharta beraten und verabschieden. Danach folgen im Frühjahr 2023 Regionalkonferenzen und eine zentrale Mitgliederbefragung, bevor Ende 2023 auf einem Grundsatzkonvent Antworten gesammelt und gebündelt werden. Daraus entsteht der erste Entwurf des neuen Programms. Auf dem 36. Parteitag 2024 soll das neue Programm dann beraten und verabschiedet werden. MicrosoftTeams-image (74)

Themen, die die Mitglieder mit großer Leidenschaft diskutierten, waren u. a. ein „Ehrlichmachen“ der CDU mit dem Ziel, sich von den politischen Mitbewerbern deutlicher zu unterscheiden, die Rolle der Frauen in der Partei und wie man generell mehr Frauen für die politische Arbeit gewinnen könnte, und „mehr Mut“ im Agendasetting und in der Außenwirkung. Die CDU müsse sich, so der einhellige Tenor, kritisch mit bisherigen Positionen auseinandersetzen und vielleicht neue Antworten finden. „In der CDU schließen wir niemanden aus, weil er anderer Meinung ist. Wir umschließen alle“, sagte Generalsekretär Czaja abschließend.