Vor seiner Reise nach Polen hat CDU-Partei und Fraktionschef Friedrich Merz der Scholz-Regierung schwere Versäumnisse bei der Lieferung von Waffen an die Ukraine vorgehalten. „Die Ankündigungen zur militärischen Unterstützung der Ukraine halten einer Überprüfung nicht stand“, sagte Merz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die deutsche Öffentlichkeit und das Parlament werden getäuscht. Und die Bundesregierung tut nicht das, was der Bundestag beschlossen hat: nämlich schwere Waffen zu liefern.“

Misstrauensbeweise gegen den Kanzler

Merz kritisierte auch, dass der vereinbarte Ringtausch nicht funktioniert. Er sei „zur Sackgasse“ geworden, sprich: Polen und andere Länder liefern Waffen an die Ukraine, die mit Deutschland vereinbarten Ausgleichslieferungen von Waffen an Polen und andere osteuropäischen Staaten kommt aber nicht voran. Merz forderte daher eine öffentliche Debatte darüber, „wie vertrauenswürdig unsere Regierung im eigenen Land, aber auch und gerade in Mittel- und Osteuropa noch ist“. Dass FDP und Grüne nun vorschlügen, die Ukraine direkt mit Panzern zu beliefern, bezeichnete Merz als täglichen „Misstrauensbeweis gegen den eigenen Kanzler“. Die koalitionsinterne Debatte um die Waffenlieferungen offenbare die Zerrissenheit der Ampel-Koalition und die „Führungsunwilligkeit“ des Kanzlers.

Kernkraft vorübergehend weiter nutzen

In dem Interview forderte Merz weiter, dass die Bundesregierung umgehend neue Brennstäbe für die verbliebenen drei Kernkraftwerke in Deutschland besorgen soll. Es könne nicht nur ein vorübergehender Streckbetrieb mit alten Brennstäben aufrechterhalten werden. „Wir müssen einen Weiterbetrieb so lange ermöglichen, bis die Gefahr eines Engpasses beseitigt ist.“ Die Zeit zur Bestellung neuer Brennstäbe laufe davon. Wirtschaftsminister Habeck müsse jetzt handeln, um eine Stromknappheit im Winter zu vermeiden.

Friedrich Merz: Wir müssen einen Weiterbetrieb von Kernkraft so lange ermöglichen, bis die Gefahr eines Engpasses in der Energieversorgung beseitigt ist.

Menschen zielgerichtet entlasten

Darüber hinaus warf der CDU-Chef der Ampel-Koalition vor, Langzeitarbeitslosen den Anreiz zur Jobsuche zu nehmen. Es werde „nur noch gefördert, aber nicht mehr gefordert“, erklärte er im Hinblick auf das geplante neue Bürgergeld hinzu. Aus Sicht der CDU wären zielgerichtete Entlastungen für Menschen, die sie am dringendsten brauchen, der bessere Weg. „Das sind vor allem die Menschen, die jeden Tag zur Arbeit gehen, die kleine Einkommen haben und die immer höhere Steuern und Abgaben zahlen müssen. Für diese Haushalte müssen wir die Belastungen begrenzen.“ Eine Möglichkeit wäre, dass der Staat für untere und mittlere Einkommen bis zu einer bestimmten Menge einen Energiebasistarif garantiert. So werden bedürftige Haushalte zielgerichtet entlastet und zugleich ein Anreiz zum Energiesparen gesetzt.

Der CDU-Vorsitzende kritisierte dabei besonders die Rolle der FDP in der Koalition. „Es macht mich fassungslos, mit welcher Nonchalance große Teile der Bundesregierung, insbesondere die SPD, nahezu jede Woche einen neuen Vorschlag für neue Transferleistungen unterbreiten“, sagte Merz. „Und es wundert mich, dass die FDP diesen schleichenden Einstieg in das bedingungslose Grundeinkommen mitmacht.“ Die FDP sei mal ein Garant für marktwirtschaftlich sinnvolle Politik auch auf dem Arbeitsmarkt gewesen.