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Interview von CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit der „Funke-Mediengruppe“
CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab den Zeitungen der „Funke-Mediengruppe“ (heutige Ausgaben) das folgende Interview. Die Fragen stellte Miguel Sanches.
Funke: Herr Tauber, ist CSU-Chef Horst Seehofer noch willkommen auf CDU-Parteitagen?
Tauber: Ja, natürlich.
Funke: Kann man mit Angela Merkel so umspringen, wie er es auf dem CSU-Parteitag getan hat?
Tauber: Einer meiner Vorgänger hat mal gesagt: Zusammenhalt der Union ist hilfreicher als Alpengrollen. Ich rate zum Abrüsten. Wir sollten uns auf die Bewältigung der großen Herausforderungen konzentrieren.
Funke: Wie viel Anklang findet in Ihren Reihen die CSU-Forderung nach nationalen Obergrenzen für Flüchtlinge?
Tauber: Es gibt eine lebhafte Debatte. Wir wollen alle die Zahl der Flüchtlinge reduzieren. Aber es herrscht auch große Einigkeit darüber, dass der von der Bundeskanzlerin eingeschlagene Weg richtig ist, die Flüchtlingsfrage europäisch und durch die Bekämpfung der Fluchtursachen zu lösen.
Funke: Müsste man gleichzeitig das Grundrecht auf Asyl einschränken, um nationale Obergrenzen durchzusetzen?
Tauber: In Deutschland gilt nach wie vor, dass jeder, der zu uns kommt und Asyl beantragt, das Recht auf ein individuelles Verfahren hat. Wir können nicht sagen, wir nehmen 400.000 auf – dem 400.001 verweigern wir aber ein Asylverfahren. Das geht nicht, und ich sehe keine parlamentarische Mehrheit für die Abschaffung des deutschen Asylrechts, auch nicht innerhalb der Union.
Funke: Welches Modell macht in Europa Schule, Orban oder Merkel?
Tauber: Einige reden vom Scheitern Europas. Ich sehe das nicht. Manche Nationalstaaten versagen, weil sie nicht bereit sind, nationale Interessen hintanzustellen. Wenn wir es ernst damit meinen, dass wir innerhalb Europas keinen Grenzen wollen, brauchen wir sichere Außengrenzen, die dann gemeinsam geschützt werden müssen.
Funke: Ursprünglich wollte die Bundesregierung in der letzten Woche ein weiteres Asylrechtspaket beschließen. Das ist nicht gelungen. Was ist der größte Streitpunkt mit der SPD?
Tauber: Ein großer Streitpunkt ist die von der SPD geforderte Umsetzung der EU-Asylverfahrensrichtlinie. Das wäre aus unserer Sicht kontraproduktiv. Und es geht auch um die Frage, wen man abschieben kann, Afghanen zum Beispiel.
Funke: Kann man?
Tauber: Aus unserer Sicht kann man nach Afghanistan abschieben, natürlich nicht überallhin. Auch aufgrund des Einsatzes der Bundeswehr gibt es dort Regionen, in denen man frei und sicher leben kann. In diese Regionen können wir Menschen zurückführen.
Funke: Ist Willkommenskultur zum Unwort geworden?
Tauber: Wenn es so wäre, fände ich es schlimm. Wir sind uns ja völlig einig, dass nicht alle bleiben werden können. Aber denen, die in bitterster Not zu uns kommen und in unserem Land eine neue Heimat sehen, müssen wir sagen: Wenn ihr euch anstrengt, unsere Regeln beachtet und unsere Leitkultur annehmt, dann seid ihr uns auch herzlich willkommen. Das kann man als CDU nicht nur aus dem C ableiten. Das ist auch ein staatsbürgerliches Verständnis.
Funke: Für die Willkommenskultur erfährt Frau Merkel viel Zustimmung von den Grünen. Bringt die Flüchtlingspolitik Schwarze und Grüne zusammen?
Tauber: Ich stelle erfreut fest, dass Schwarz-Grün in Hessen in einer sehr schwierigen Zeit gut zusammenarbeitet. Das ist natürlich ein schönes Vorbild.
Funke: Noch mal: Also findet eine Annäherung statt?
Tauber: Ich habe noch sehr gut im Ohr, wie die Grünen nach der Bundestagswahl 2013 gesagt haben: Wenn Schwarz-Grün was werden soll, dann muss die CDU sich auf uns zu bewegen. Wir erleben gerade das Gegenteil: Die Grünen bewegen sich in der Flüchtlingspolitik sehr stark auf die CDU zu, nicht nur in Hessen, sondern auch in anderen Ländern. Da hat der Realismus in Sachen Multikulti Einzug gehalten, was ich mit einer gewissen Freude sehe.
Funke: Sie wollen auf ihrem Parteitag auch über ein Zuwanderungsgesetz reden. Haben Sie Pech mit dem Timing?
Tauber: Wir müssen Asyl und Flüchtlinge auf der einen und Einwanderung auf der anderen Seite klar voneinander trennen. Beim einen geht es darum, wem wir helfen, beim anderen darum, wer uns hilft – weil wir ihn beispielsweise wegen seiner beruflichen Qualifikation dringend brauchen. In der klassischen Einwanderungspolitik legt das aufnehmende Land fest, wer dazu passt. Bei den Menschen, die in diesen Tagen zu uns kommen, treffen wir keine Auswahl. Das ist keine gezielte Einwanderung. Auf diesen Unterschied lege ich großen Wert. Die CDU ist gut beraten, sich programmatisch weiter zu entwickeln. Unser Ziel ist es, die bereits bestehenden Regelungen zu überprüfen und mittelfristig in einem gemeinsamen Gesetz zu bündeln, das ich gerne Einwanderungsgesetz nennen würde.
Funke: Mittelfristig heißt?
Tauber: Für 2017 und darüber hinaus. Ich rate bei allen momentanen Herausforderungen dazu, nicht nur auf das Hier und Jetzt zu schauen. Morgen wird die Welt eine andere sein. Und auch darauf wird die Union Antworten geben müssen.
Funke: Brauchen wir so etwas wie eine Hausordnung für die Bundesrepublik Deutschland?
Tauber: Wir werden auf unserem Parteitag intensiv darüber reden, was Integration heißt und was Leitkultur bedeutet.
Funke: Und was ist Ihre Antwort?
Tauber: Leitkultur ist mehr als ein Bekenntnis zum Grundgesetz. Dazu gehört, dass wir eine Aufsteigergesellschaft sein wollen, in der jeder seine Chance hat, wenn er fleißig ist. Auch die Liebe zu unserem Land gehört für mich dazu. Für uns sind Schwarz-Rot-Gold keine beliebigen Farben. Auf unserem Parteitag werden wir auch über den Antrag beraten, die Nationalhymne ins Grundgesetz aufzunehmen. Wir wünschen uns, dass Menschen, die in unserem Land leben – egal wo sie ursprünglich herkommen –, im besten Sinne des Wortes deutsche Patrioten sind.