Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Millionen Kinder haben deswegen schlechtere Bildungschancen, sind häufiger krank oder fühlen sich ausgeschlossen, weil in der Familie das Geld für den Sportverein oder andere Hobbies fehlt. Und die Zahl steigt weiter: laut Armutsbericht waren im vergangenen Jahr 2021 Prozent mehr Kinder und Jugendliche betroffen als noch 2020. Und als ob diese Probleme nicht ohnehin schon belastend genug für viele Familien sind, kommt derzeit die steigende Inflation dazu, mit immer höheren Preisen für Lebensmittel und Energie. Vor allem sozial schwächere Familien werden besonders hart getroffen – und damit viele Kinder, die jetzt schon am Existenzminimum leben.

Lösungen der Scholz-Regierung: Fehlanzeige

Lösungsvorschläge der Scholz-Regierung sind bisher Fehlanzeige. CDU-Generalsekretär Mario Czaja hatte schon von einiger Zeit gefordert, dass nun schnell Konzepte für die von der Koalition groß angekündigte Kindergrundsicherung vorgelegt werden sollen. Aber, so stellt auch er fest: „Die Ampel hat erst einmal ein schillerndes Schlagwort in die Welt gesetzt – ein klares Konzept sehe ich da noch lange nicht.“

„Jedes Kind hat die gleichen Chancen im Leben verdient.“ Silvia Breher

Auch für Silvia Breher, stellvertretende CDU-Vorsitzende, Vorsitzende der Fachkommission „Zusammenhalt“ und Mutter von drei Kindern, ist klar, dass derzeit noch nicht genug getan wird. „Jedes Kind hat die gleichen Chancen im Leben verdient“, macht ist Breher beim CDU-Fachgespräch mit Expertinnen und Experten deutlich. Eine ganzheitliche Betrachtung ist dabei besonders wesentlich: Denn es geht zum einen um zielgerichtete finanzielle Unterstützung. Außerdem braucht es eine hochwertige Infrastruktur für Familien vor Ort und die Erwerbstätigkeit der Eltern, um das Armutsrisiko für Kinder zu senken.

Ein Problem: das Thema „Kindergrundsicherung“ ist nicht in einem, sondern in gleich sieben Ministerien verortet. Erst Ende 2023 soll ein Entwurf vorgelegt werden. „Das ist keine in die Zukunft gerichtete Gesamtstrategie“, so Breher.

Weniger Bürokratie, mehr konkrete Hilfe

Gemeinsam mit Daniel Grein vom Deutschen Kinderschutzbund, mit Bernd Siggelkow, Gründer und Leiter des Kinder- und Jugendhilfswerk „Arche“, sowie mit Elisabeth Müller, Vorsitzende des Verbandes kinderreicher Familien, diskutierte Breher unter anderem darüber, wie Kinderarmut bekämpft werden kann. Daniel Grein betont: „Wir brauchen eine ganzheitliche Lösung und nicht das Rumschrauben an einzelnen Systemen.“ Finanzielle Unterstützungen seien dabei das eine, ebenso notwendig sind aber auch gute Infrastrukturen für Bildung, Erziehung und Freizeit sowie ausreichend viele Fachkräfte in Kitas und Schulen. 036 cdu anikanowak.net Silvia Breher und Daniel Grein im Gespräch mit einer Teilnehmerin. Foto: CDU/Anika Nowak

Ein Kritikpunkt der Runde: Das Bildungs- und Teilhabepaket, mittels dessen Familien Hilfen für zum Beispiel Schulmaterialien oder den Beitrag im Sportverein beantragen können, ist viel zu kompliziert und bürokratisch. Für viele Familien einfach zu hohe Hürden – und zu wenig Geld. Bernd Siggelkow: „Das ist nicht nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, sondern völlig verkalkuliert.“ Zudem könne niemand sicherstellen, dass das Geld auch bei den Kindern direkt ankommt, weil viele Familien „andere Löcher damit stopfen müssen“. Ihm schwebt ein digitales System vor, in dem Kinder selbst sehen, wie viel ihnen zum Beispiel für Nachhilfestunden oder den Beitrag für den Sportverein zur Verfügung steht. Siggelkow, der seit Jahrzehnten im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf mit Armut zu tun hat, appelliert eindringlich: „Das Geld muss beim Kind ankommen, denn: Kinder sind schließlich nicht die Zukunft der Gesellschaft, sie sind die Gegenwart, sie sind heute da und wir müssen unseren Blick auf das Heute richten.“ 066 cdu anikanowak.net Arche-Gründer Bernd Siggelkow bei seinem Vortrag. Foto: CDU/Anika Nowak

Besonders, wer viele Kinder hat oder alleinerziehend ist, hat ein hohes Risiko, in Armut zu rutschen. Hier konkret zu helfen, ist Elisabeth Müller ein besonderes Anliegen. Die Vorsitzende des Verbandes kinderreicher Familien schlägt eine Senkung der Mehrwertsteuer als konkrete Entlastung vor und bringt gezielte Förderungen für belastete Familien ins Gespräch, etwa in Form von Feriengutscheinen. Müller unterstreicht, derzeit berate sie fast täglich Familien, die durch die gestiegenen Preise an ihre finanziellen Grenzen kommen oder darüber hinaus gehen müssten: „Wir brauchen eine Lösung, damit es nicht dazu kommt, dass Familien sich beim Essen derart einschränken, dass Mangelernährung zu befürchten ist“, macht sie den Ernst der Lage deutlich.

111 cdu anikanowak.net Elisabeth Müller weist auf die angespannte Lager vieler Familien derzeit eindringlich hin. Foto: CDU/Anika Nowak